Tag 48 (18.07.2022): Von Magdeburg nach Aschersleben

Tageskilometer: 60,22 Km

Tageshöhenmeter: 273 Hm

Gesamtkilometer: 3.207,80 Km

Gesamthöhenmeter: 21.496 Hm

Gesamtkilometer Schiff: 101,25 Km

 

Für heute erwarte ich heiße Temperaturen, doch als ich vor dem Frühstück das Gespann für die Abfahrt bereit mache, bin ich angenehm überrascht. Die Luft ist noch angenehm frisch. Ich hoffe, dass das noch lange so bleibt, auch wenn es heute nur ein Katzensprung von 60 Kilometern bis zu meinem nächsten Etappenziel Aschersleben ist.

 

Zum Frühstück gibt es frische warme Semmeln, etwas Wurst, Käse, Butter, Marmelade, ein perfekt gekochtes Ei und Kaffee und sonst nüscht. So war's ausgemacht zwischen Männern und so is es dann och👍. Bezahlt wird in bar💶, anders geht nicht🤔.


Ich muss Magdeburg von Nord nach Süd durchqueren und das Navi leitet mich im Zick-Zack durch Straßen und auch ein gutes Stück an der Elbe entlang. Auf der anderen Straßenseite ist der Magdeburger Dom☻️ zu sehen und die Parteizentrale der hiesigen CDU☻️. Die Nähe ist praktisch, können doch beide gegenseitigen Beistand gut gebrauchen. Ich zweifle aber, ob das mit dem gegenseitigen Beistand klappt, nachdem jeder von ihnen ordentliche hausgemachte Probleme zu bewältigen hat.

 

An der Elbe entlang gibt es teilweise schöne Neubauten mit schicken Wohnungen und im Erdgeschoss freundlich aussehenden Lokalen. Neben der schon beschriebenen Tristesse gibt es aber auch Lichtblicke wie die schön renovierten und freundlich aussehenden Altbauten der Magdeburger Wohnungsbaugesellschaft an der Leipziger Chaussee.

 

Es dauert über 50 Minuten mit dem ganzen Zick-Zack und Ampel-bedingten Stopp and Go, bis ich aus der Stadt draußen bin.

Schade, dass alte Anwesen so verwaist und verfallen sind.
Schade, dass alte Anwesen so verwaist und verfallen sind.
Auf diesem Fußballplatz steht es 0:10 gegen den Fußballplatz.
Auf diesem Fußballplatz steht es 0:10 gegen den Fußballplatz.
Weg für Fahrräder und landwirtschaftlichen Verkehr; mit dem Fahrrad am besten ganz rechts.
Weg für Fahrräder und landwirtschaftlichen Verkehr; mit dem Fahrrad am besten ganz rechts.

Dann habe ich wieder freie Bahn und meine Ruhe nach der Hektik des morgendlichen Berufsverkehrs in der Stadt.

 

Ich fahre durch kleine Dörfer, und eigentlich dachte ich, von heruntergekommenen Gebäuden keine Bilder mehr zu machen, aber ich muss das einfach dokumentieren. Manche Ortschaften sind fast wie ausgestorben. Ein paar alte Leute leben dort noch, die Häuser, die man wieder wunderbar restaurieren könnte, verfallen leider. Geschäfte der Grundversorgung wie Bäcker haben nur stundenweise geöffnet, weil es sich anders nicht rentieren würde. Unser Bundeskanzler der Deutschen Einheit hat damals blühende Landschaften🌻⚘️🌹 versprochen und damit wirtschaftlichen Aufschwung🏥🏡💶 gemeint. Davon ist leider nicht viel zu sehen, obwohl es so viel Potential gäbe. Ich frage mich wo die über 300 Milliarden Solidaritätszuschlag, die seit 1995 geflossen sind, verblieben sind. Zweckgebunden ist dieser ja nicht, was wieder einmal mehr der Politik und Teilen der Wirtschaft freie Hand gewährt🤹. Die Arbeitnehmer, die ihn bezahlen, sind dabei natürlich außen vor😬.

 

Mir fällt auf, dass die Menschen in den Ortschaften sich regelrecht verbarrikadieren. Die Häuser sind zur Straße hin mit uneinsehbaren hohen Zäunen oder alten Mauern und Toren "eingefriedet". Dahinter bellen große aggressive Bluthunde wie Rottweiler, Dobermänner und Schäferhunde. Auch wenn die Hunde dahinter sind, ist es für mich alles andere als schön, daran vorbeizufahren; ganz im Gegenteil hoffe, ich, dass da mal keine Lücke im Zaun ist. Auf den Straßen haben die Besitzer ihre Hunde eng an der Leine und schauen mich ziemlich argwöhnisch an. Dabei will ich ja nur meinen Frieden. Ich frage mich, warum die Menschen sich so einigeln und so abweisend sind.

 

Ich weiß nicht warum, aber irgendwie machen viele dieser Menschen einen traumatisierten Eindruck auf mich. Das erinnert mich etwas an die Menschen, die ich auf Cuba getroffen habe. Bei einigen habe ich die Chance, wenn ich ihnen freundlich und lächelnd begegne, dass sie etwas auftauen.

 

Das Schöne an den Fahrradwegen ist, dass sie getrennt vom übrigen Straßenverkehr laufen. Der Fahrbahnbelag ist aber manchmal herausfordernd. DDR-Kopfsteinpflaster, neues holpriges Pflaster oder geteerte Wege mit Schlaglöchern im Durchmesser von einem Meter und 50 Zentimeter tiefe; es ist für jeden was dabei.

 

Der kleine Bayer meldet sich da mal wieder zu Wort und sagt "Luja sog i! Guad, dass mia koa Weißbier in unsere Trinkflaschen drin ham. Da würd's uns regelrecht die Deckel wegsprenga vor lauter Überdruck durch des Gerüttel. Und dann hät ma nix mehr."


Heute muss ich nochmals auf die Windräder und Windparks eingehen. Diese begleiten mich seit Rostock auf über 330 Kilometern. Sie stehen teilweise auf landwirtschaftlichen Nutzflächen oder an deren Rändern. Ich weiß nicht, an wie vielen ich schon vorbeigefahren sind, aber es müssen tausende sein. Nachdem eines der Windräder nur etwa 50 Meter von der Straße entfernt ist und ein Weg hinführt, fahre ich hin. Das Ding ist riesig und mein Gespann davor wirkt wie ein Spielzeug. Das Windrad dreht sich, ich höre nichts und es sind jede Menge Vögel in der Nähe. Diese Wahrnehmung habe ich jetzt schon des Öfteren gemacht. In Lübz habe ich mit Dieter über die Windräder gesprochen und er meinte, dass es hier keinen Widerstand gebe und man die Windräder sogar befürworte.

 

In Bayern gibt es seit ewigen Zeiten Diskussionen, dass die Windräder Lärm verursachten, Vögeln schadeten und die Landschaft verschandelten. Die ersten beiden Argumente kann ich so nicht bestätigen. So ging die Diskussion in Bayern in die Richtung, dass man für die Herbeischaffung des Stroms aus dem Norden Stromtrassen brauche, entweder über Land oder im Erdreich vergraben. Aber auch das will man nicht. Der ehemalige Bayrische Ministerpräsident, der irgendwann keiner mehr war und, um überhaupt noch einen Job zu haben, Innenminister der Bundesrepublik Deutschland wurde, versprach, alles zu tun, um Stromtrassen zu verhindern.

 

Jetzt frage ich mich: "Wenn man keine Windräder will und auch keine Stromtrassen, wo denn dann der Strom herkommen soll, nachdem Deutschland aus der Atomenergie ausgestiegen ist.

 

Der ehemaligen Bayrischen Ministerpräsidenten, der in der Zwischenzeit auch nicht mehr Innenminister der Bundesrepublik Deutschland ist, will ja jetzt, nachdem er viel Zeit hat, mit seiner Modeleisenbahn im Keller spielen. Als erstes würde ich ihm den Strom dafür abdrehen. Dann hätte er viel Zeit darüber nachzudenken, wo der Strom für Bayern denn in Zukunft herkommen soll. Die Modeleisenbahn kann er ja dann verkaufen. Da finden sich bestimmt viele Liebhaber.



So fahre ich ganz fröhlich, von der Welt mit meinen Überlegungen zu Energieversorgung allein gelassen, dahin. Die unendlichen Getreidefelder, die immer goldener und goldener werden, reißen nicht ab. Ich bleibe stehen und schaue interessiert zu, wie ein defekter Mähdrescher repariert wird, der heute noch eine gehörige Fläche zum Mähen und Dreschen - daher der Name Mähdrescher - vor sich hat.

 

Noch vor Mittag erreiche ich Aschersleben und quartiere mich in meinem Hotel ein. Aber davon gibt es morgen mehr. Ich möchte nämlich jetzt mit meiner Frau telefonieren.

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