Tag 58 (28.07.2022): Von Geisenfeld über Niederlauterbach nach Thierhaupten

Tageskilometer: 85,14 Km

Tageshöhenmeter: 710 Hm

Gesamtkilometer: 3.745,52 Km

Gesamthöhenmeter: 25.413 Hm

Gesamtkilometer Schiff: 101,25 Km

 

Heute ist für mich eh schon ein ganz besonderer Tag meiner Tour. Durch eine Überraschung sollte noch mehr zu einem besonderen Tag werden, aber eins nach dem anderen.

 

Der Hallertauer Hopfenhof liegt in einem dunkelgrauen Loch der Internetanbindung. Mobilfunk und das Mobile Datennetz funktionieren überhaupt nicht, der Internet-Anschluss ist äußerst dürftig. Da dieser durch einen Blitzeinschlag auch noch lahmgelegt war, herrscht ein bisschen Feierstimmung, nachdem die neuen Bridges installiert sind und wieder alles funktioniert. Wenigstens kann wieder im begrenzten Umfang das Internet genutzt werden und eMails abgerufen werden. Erich zeigt mir 13 Jahre Schriftverkehr und Zeitungsartikel über dieses beispiellose Desaster. Die technischen Voraussetzungen zum Anschluss wären gegeben, aber die Telekom weigert sich ihr Kabel durch ein Leerrohr der Stadt Geisenfeld zu ziehen. Da fragt sich jeder mit gesundem Menschenverstand "warum?". Warum erlauben sich diese Bürokraten eine Familie dermaßen von einem Grundrecht auf eine vernünftige Internetanbindung auszuschließen? Können diese Bürokraten nicht endlich einmal "normal" denken und über ihren Schatten springen? Dann liegt das Kabel der Telekom - verdammt nochmal - halt im Leerrohr der Gemeinde Geisenfeld. Das stört weder das Kabel und der Familie mit ihren drei schulpflichtigen Kindern ist endlich geholfen!

 

Gestern Abend hatten wir noch ein leckeres Grill-Essen, und sind noch lange draußen gesessen, weil es so schön war.

 

Nach den wunderbaren Tagen auf Kathrins und Erichs Hallertauer Hopfenhof gilt es heute Abschied zu nehmen. Kathrin und Erich sind zwei ganz feine Menschen! Ihre Gastfreundschaft und ihre Herzlichkeit sind einfach umwerfend und haben mir richtig gutgetan. Zudem haben sie drei wundervolle Kinder. Der jüngste Sohn Martin schmeißt sich heute ganz fesch in seine Lederhose und ein weißes Hemd, denn er wird heute aus der Grundschule verabschiedet. Die beiden älteren Felix und Laura haben heute Nachmittag Schulabschlussfest. Hurra, die Ferien sind dann morgen da! Ich durfte eine herrliche Zeit hier verbringen. Vielen herzlichen Dank dafür! Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen mit euch.

 

Ich radle los an meinen geliebten Hopfengärten vorbei durch Geisenfeld. Dann setze ich mich gegen das Navi durch und nehme den mir so vertrauten Weg nach Rottenegg und oben auf dem Berg angekommen sehe ich schon mein Niederlauterbach, den Ort in dem ich teilweise aufgewachsen bin, und dahinter die großen Hopfengärten.

Kirche St. Emmeram in Niederlauterbach.
Kirche St. Emmeram in Niederlauterbach.
Metzgerei Breitner in Niederlauterbach.
Metzgerei Breitner in Niederlauterbach.

Schon bei der Abfahrt vom Rottenegger Berg kommen mir die ersten Tränen, denn in wenigen Minuten kann ich das Grab meiner Großeltern besuchen. Ich parke das Gespann vor der Kirche St. Emmeram und betrete den Friedhof. Ich weiß nicht wie ich diesen Augenblick genau beschreiben soll. Ich glaube es ist eine Mischung aus Dankbarkeit, hier zu sein, aus Dankbarkeit gegenüber meinen Großeltern, die immer für mich da waren, und aus Freude über diesen Moment. Ich erzähle meinen Großeltern von meiner Tour als würde ich wie früher mit ihnen reden und verspreche natürlich, wieder zu kommen.

 

Dann fahre ich zum Metzger im Ort. Früher, wenn ich mit meiner Oma hier zum Einkaufen war, gab's für den Buam immer ein Radl Gelbwurst. Heute kauft sich der Bua eine Leberkässemmel. Die Verkäuferinnen sind freundlich wie eh und je. Was für ein schöner Moment!

Der Breitnerhof, der größte private Hopfenanbaubetrieb in der Hallertau.
Der Breitnerhof, der größte private Hopfenanbaubetrieb in der Hallertau.
Die Straße nach Wolnzach über den Wolnzacher Berg.
Die Straße nach Wolnzach über den Wolnzacher Berg.
Unendliche Hopfengärten entlang der Wolnzacher Straße.
Unendliche Hopfengärten entlang der Wolnzacher Straße.
Blick zurück ins schön eingebettete Niederlauterbach.
Blick zurück ins schön eingebettete Niederlauterbach.

Ich kann nicht so einfach meine Route fortsetzen. Ich fahre noch durch den Ort und schau mich um.

 

Gegenüber der Kirche St. Emmeram liegt der Breitnerhof, der größte private Hopfenanbaubetrieb in der Hallertau. Hier wird mit zwei Hopfenpflückmaschinen ungefähr drei Wochen geerntet. Auf dem Hof spielte der Film Hopfensommer, der unter anderem hier 2009 gedreht und 2011 ausgestrahlt wurde. Der Senior-Chef des Breitnerhofs, Georg Breitner, war Mitbegründer der IGN Hopfenvermarktungs- und Vertriebs-GmbH. Ziel ist es, Hopfen der Niederlauterbacher Hopfenbauern unter einer Dachorganisation unter strengen Qualitätsrichtlinien anzubauen und gemeinsam zu vermarkten.

 

Dann fahre ich hinaus in Richtung Wolnzach, einem der Hauptumschlagplätze für Hallertauer Hopfen. Ich weiß nicht wie oft ich als Kind, sowohl den Rottenegger Berg im Norden, als auch den Wolnzacher Berg im Süden mit dem Fahrrad rauf und runter gefahren bin. Von klein auf war ich mit meinem Opa im Hopfengarten beim Arbeiten; Drahtstecken stecken, Hopfen anleiten, Laub abstreifen, Drahtstecken ziehen. Wann immer es ging, habe ich meinen Opa begleitet.

 

Als ich 10 Jahre alt war, hat er mir meinen ersten Job bei der Hopfenernte besorgt. Meine Aufgabe war, die Hopfenreben mit einer Hopfenschere abzuschneiden und dann mit dem Traktor und Anhänger durch den Hopfengarten zu fahren, damit hinten auf dem Wagen die Hopfenreben von einem starken Mann heruntergerissen werden konnten. Heute ist an einem Traktor ein Abreißgerät montiert, dass sowohl das Abschneiden als auch das Herunterreißen der Hopfenrebe übernimmt. Als ich etwas älter war, habe ich die Hopfenreben in die Hopfenpflückmaschine eingehängt, von der sie dann hochgezogen wurden. Im nächsten Schritt hat die Maschine die Blätter und Dolden von den Hopfenreben gepflückt und voneinander getrennt, sodass nur noch die Dolden übrigblieben. Dies wird heute noch genauso gemacht. Ich hatte immer die größte Freude bei der Arbeit mit dem Hopfen und habe heute noch wunderschöne Gedanken an diese Zeit.

 

Oben am Wolnzacher Berg rufe ich zuerst meine Frau an, um ihr von meinen Emotionen zu erzählen. Das muss jetzt sein, und sie hört gerne zu - vielen Dank Schatzi! Von da oben hat man einen tollen Blick auf die große Ausdehnung der Hopfengärten. Sie sind schier unendlich. Ich blicke ein letztes Mal zurück auf mein Niederlauterbach. Dann drehe ich noch eine Ehrenrunde auf einem staubigen Weg rund um die Hopfengärten, bis ich meine Fahrt fortsetze.

Ich radle in Richtung Westen und kurz vor dem Kloster Hohenwart fahre ich am letzten Hopfengarten vorbei. Damit lasse ich das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt, die Hallertau, endgültig hinter mir.

 

In wenigen Tagen bin ich von Franken herkommend über die Oberpfalz und Oberbayern nach Schwaben gefahren.

 

Das Land ist weiterhin sehr trocken, die Landschaften aber abwechslungsreich mit Feldern und Wäldern - Bayern eben!

Hotel Klostergasthof Thierhaupten.
Hotel Klostergasthof Thierhaupten.
Kloster Thierhaupten.
Kloster Thierhaupten.
Kloster Thierhaupten.
Kloster Thierhaupten.

Mittags komme ich in Thierhaupten an und es erwartet mich eine unerwartete aber umso erfreulichere Überraschung. Meine Freunde Peter und Renate sind extra aus München gekommen, um mich heute zu besuchen. Was für eine Freude, dass wir uns wieder sehen! Ich checke schnell im Hotel Klostergasthof Thierhaupten ein und erledige das Nötigste; Fahrrad laden und duschen.

 

Dann gehen wir gemeinsam im Klostergasthof zum Essen, was sehr lecker ist. Später unternehmen wir noch einen Spaziergang zum Kloster Thierhaupten, wo heute ein Fest des Bezirks Schwaben stattfindet. Sonst gibt es leider nichts Besonderes zu sehen. Wir setzen uns noch auf einen Kaffee in die Stube des Klostergasthofes und ratschen über dies und das. Es ist einfach nur schön, meine Freunde nach so langer Zeit wieder zu treffen. Später müssen sie leider wieder zurück nach München fahren, aber spätestens nach meiner Rückkehr sehen wir uns dann wieder öfter.

 

Was für ein erlebnisreicher und emotionaler Tag. Ich bin sehr dankbar und überglücklich, dass ich diesen so erleben darf.

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Kommentare: 2
  • #1

    Janine u Michael (Donnerstag, 28 Juli 2022 19:20)

    What a day lieber Wolfgang. Hoffentlich kannst du überhaupt schlafen, da ist ja viel zusammengekommen ...wir segeln U sind sind heute auf spiekeroog. Herzl.grursse.

  • #2

    Wolfi (Donnerstag, 28 Juli 2022 19:41)

    Liebe Janine, lieber Michael,
    ja, das war ein ganz besonderer Tag. Ich bin sehr glücklich darüber.
    Segeln mit eurem neuen tollen Boot ist bestimmt auch ganz toll; würde ich auch gerne machen.
    Ich wünsche euch viel Spaß und eine gute Rückkehr.
    Liebe Grüße