Tag 81 (20.08.2022): Von Villeneuve-sur-Lot nach Cazaubon

Tageskilometer: 109,39,00 Km

Tageshöhenmeter: 722 Hm

Gesamtkilometer: 5.130,61 Km

Gesamthöhenmeter: 35.707 Hm

Gesamtkilometer Schiff: 101,20 Km

 

 

 

💖💞💕 DIE BESTEN GLÜCKWÜNSCHE ZU EURER HOCHZEIT 💕💞💖

 

Als allererstes muss ich heute Glückwünsche loswerden. Felix, der geniale Fahrradmechaniker von Sport Schuster hat mir vorgestern verraten, dass er heute heiratet. Lieber Felix, dir und deiner Frau wünsche ich alles erdenklich Gute für eure gemeinsame Zukunft! Genießt das Leben zusammen in vollen Zügen mit viel, viel Liebe!

Ich trinke später extra ein Glas auf euch!

Heute stehe ich um 6:00 Uhr auf, weil knapp 110 Kilometer anstehen. Der Wetterbericht sagt eigentlich steigende Temperaturen an. Es ist stockfinster um 6:00 Uhr, aber der Himmel ist klar. Im Osten ist schon ein leicht heller Streifen zu sehen.

 

Die Etappe sollte mir ganz andere Eindrücke bringen, als ich sie eigentlich erwartet hätte, doch dazu später mehr....

 

Nach dem bekannten IBIS-Frühstück mache ich das Gespann abfahrbereit. Das Navi-Display ist wieder im Nachtmodus aktiv, aber die Sonne wird bald aufgehen.

 

Um 7:00 Uhr fahre ich durch das Zentrum von Villeneuve-sur-Lot. Dort sind Marktleute eifrig dabei, ihre Stände aufzubauen. Es gibt alles, was man sich nur vorstellen kann: Fisch, Fleisch, Wurst, Käse, Brot, Gemüse, Obst, Blumen. Ich finde das eine wunderbare Stimmung und fände es schön, wenn ich hier verweilen könnte.

 

Eine Zeit lang ist die Landschaft, wie gestern schon, weiterhin mit Obstplantagen überzogen.

 

Dann überquere ich meinen Freund Lot, der mich heute noch eine ganze Weile begleiten wird.

Der Lot bei Aiguillon.
Der Lot bei Aiguillon.
Die Garonne bei Saint-Léger.
Die Garonne bei Saint-Léger.

Im Wesentlichen folge ich von Villeneuve-sur-Lot bis nach Aiguillon der nationalen Radroute V86 und dem Fluss Lot. Dann heißt es von meinem Freund Lot, der mich seit Capdenac-le-Haut begleitet hat, Abschied nehmen. Der Fluss ist mir richtig ans Herz gewachsen. Er mäanderte die ganze Strecke durch viele verschiedenartige Landschaften ganz ruhig dahin, und ließ sich nie aus der Ruhe bringen. Die Ruhe, die dieser Fluss ausstrahlt, hat mich sehr positiv beeinflusst. Hier in Aiguillon fließt er nach einer kleinen Felsstufe, als wollte er sich nochmal laut verabschieden, in die Garonne. Merci et au revoir mon ami! Auch den V86 verlasse ich und fahre weiter auf diversen untergeordneten kleinen Landstraßen, die ja bekanntlich mit einem "D" und einer bis zu vierstelligen Ziffer gekennzeichnet sind.

 

Die landwirtschaftlichen Höfe sind übrigens sehr heruntergekommen, und es herrscht große Unordnung. Das ist noch um ein Vielfaches schlimmer, als ich es in Lappland gesehen hatte.

 

Wenig später überquere ich bei Saint-Léger die Garonne, die aus südlicher Richtung über Toulouse kommend in Richtung Bordeaux und dann in den Atlantik fliest. Nach der Überquerung ist die Garonne schnell aus meinen Augen verschwunden. Sie fließt in nordwestliche Richtung, ich fahre in Richtung Südwest.


Das Wetter wird nach dem klaren Himmel am Morgen trüb und herbstlich. Die Temperaturen steigen nicht über 20o C. Da lässt es sich auf den leeren Nebenstraßen und Wegen gut dahinradeln. Ich fühle mich einsam in dieser herbstlichen und geräuschlosen Kulisse. So radle ich dahin, um eben meine Kilometer runterzuspulen. Zu sehen gibt es nichts von besonderem Interesse; Sonnenblumenfelder und wieder etwas Wein.


Ab Lausseignan ändert sich nicht nur das Landschaftsbild, sondern auch die Fahrwege dramatisch. Ich fahre durch riesige, am Horizont nicht endende, Waldgebiete. Hauptsächlich sind es Nadelbäume, die in Reih und Glied gepflanzt sind. Ab und zu ist mal ein Sonnenblumenfeld eingebettet. Was auffällt ist, dass der ganze Farn am Wegesrand, aber auch im Wald, rot ist. Offensichtlich wird dieser mit Spritzmitteln bekämpft.

 

Die Straßen sind, wie in der arktischen Region, unendlich lange und gerade. Es zahlt sich aus, dass ich gestern das Problem mit dem Hinterrad gelöst habe. Die kilometerlangen Wege reichen vom gemütlichen Waldweg bis hin zum extrem steinigen und teilweise auch steilen Rumpelstrecke. Da rüttelt es das Gespann und mich oben drauf ordentlich durch. Ohne die Reparatur wäre ich sicher nicht weit gekommen.

 

Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich annehmen, dass ich irgendwo falsch abgebogen und wieder in Skandinavien gelandet bin. Ich bin ja kein ausgewiesener Frankreichkenner, und daher hätte ich niemals hier so weit im Südwesten mit dieser grünen Landschaft und diesen riesigen Wäldern gerechnet. Schön ist es allemal.

 

Die letzten Kilometer fahre ich dann noch auf dem EuroVelo 3, dem sogenannten Pilgerweg, der von Trondheim in Norwegen bis nach Santiago de Compostela in Spanien führt, zum Etappenziel.

Um kurz nach 11:00 Uhr komme ich an meinem heutigen Etappenziel Cazaubon an. Damit bin ich zum ersten Mal auf meiner gesamten Tour aus einer Provinz, einem Bundesland oder einer Region wieder in eine vorherige zurückgekehrt, nämlich in die Region Occitane.

 

Obwohl ich in die Region Occitane zurückgekehrt bin, bin ich natürlich trotzdem auf dem richtigen Weg in Richtung Südwesten unterwegs.

 

Eine freundliche Dame erklärt mir, dass mein Zimmer natürlich noch nicht fertig sei. Ich frage sie, wo es denn in der Nähe etwas zu Essen gibt. Nachdem das geklärt ist, marschiere ich los.


Ich folge den Anweisungen der Dame, gehe die Hauptstraße hinunter an Barbotanes-les-Thermes vorbei, einem sehr schönen Thermalbad im Ort und weiter in die Fußgängerzone. Dort reihen sich jede Menge Einkaufsläden und Restaurants aneinander; ist ja auch touristisch besucht.

 

Ich entscheide mich für das Restaurant L'estanquet. Die Familie, die das Lokal betreibt, sitzt mit Freunden draußen in einer gemütlichen Runde. Als ich mit einer Handbewegung frage, ob es etwas zu Essen gibt, meint der Besitzer Oui. Ich bestelle mir Spaghetti Fruit de mer, was sich als eine hervorragende Wahl herausstellen sollte. Es sind jede Menge verschiedene Meeresfrüchte in eine leicht cremige und tomatige Soße eingebettet. Da hätte ich glatt drei Teller essen können.

 

Mir gegenüber an einem anderen Tisch sitzt ein älterer Herr, Franzose. Als er mitbekommt, dass ich Englisch spreche, meint er so laut, dass es alle mitbekommen, dass ich das unterlassen soll. Ich reagiere nicht darauf. Den Menschen drum rum ist es sichtlich peinlich. Ich werde von den Betreibern freundlich behandelt, und beim Abschied grüßen mich auch einige Gäste, als wollte sie sich für das Verhalten des älteren Herrn entschuldigen. Tja, leider gibt es noch Überbleibsel aus einer Zeit, die wir alle nicht mehr wollen; ganz im Gegenteil wir alle wollen Freundschaft und Frieden.

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Kommentare: 4
  • #1

    Michael (Samstag, 20 August 2022 19:55)

    Hallo Wolfi, jetzt hast du Frankreich schon fast "geschafft"!
    Die Erfahrungen, die du in Frankreich gemacht hast, sind ja "kunterbunt gemischt". Dass Franzosen wenig mit Englisch anfangen können (Speisekarte nur in Französisch / auch junges Hotel-Personal ohne Englischkenntnisse / ...), gehört zu den Erfahrungen vieler Frankreich-Urlauber.
    Das Hotel Les Portes du Cantal (in Massiac) hat mich "besonders beeindruckt". Wie man sich im Internet mit einer solchen Hintergrundfarbe präsentieren kann, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Bei booking.com hat dieses Hotel eine Bewertung von 6,7 �. Da bist du aber sehr mutig gewesen. Auf jeden Fall passt deine Beschreibung zu dieser Bewertung.
    Aber immerhin scheint sich ja mittlerweile zu bewahrheiten, dass die Franzosen Gourmets sind (nachdem du anfänglich schlechte Erfahrungen gemacht hattest: Das Abendessen war ein Reinfall / Das Entrecôte ist wieder eine durchgebratene Schuhsohle / ...). Bei dem nun guten Essen wirst du - nach den über 5.000 gefahrenen Kilometern - auch noch die verbleibende "enorme Strecke" bis ans Ziel schaffen.
    Die Landschaftsaufnahmen sind wieder toll, so dass du dich immer an diesen "Postkartenmotiven" ergötzen konntest (auch wenn du einmal als "Esel das Gespann" � schieben musstest).
    Die mörderische Hitze scheint jetzt vorbei zu sein. Zusammen mit dem frisch erworbenen Satz Torxschlüssel sollte es technisch auch keine weiteren Probleme mehr geben - hoffentlich!
    Weiterhin gutes und sicheres Vorankommen!
    Michael

  • #2

    Wolfi (Samstag, 20 August 2022 20:03)

    Hallo Michael,
    du fasst meine Erlebnisse immer wunderbar zusammen. Frankreich ist landschaftlich ein sehr schönes Land. Die eine oder andere Begebenheit ist für uns befremdlich, aber wenigstens habe ich einen gewissen Eindruck bekommen.
    Liebe Grüße

  • #3

    Rob (Sonntag, 28 August 2022 10:49)

    War ein schönes Telefonat gestern mit Dir. Es ist unglaublich schön zu lesen dass Du in Villeneuve s. Lot warst, dort wo meine Eltern 20Jahre gelebt haben. Dieser Gegend gehört damit auch ein wenig zu meinem Leben.
    Tolle Geschichten, herrliche Bilder, diese Reise wirst du nie mehr vergessen. Freue mich auch dass soviel gespendet wurde. Du hast mein absoluter Respekt für das was du leistest.

    Weiterhin viel Spass und Glück in Spanien und pass auf dich auf, bald hast du es geschafft und trinken mer ein kühles Weißbier zusammen im Münchner Biergarten.

    Du bist klasse !!

    VG
    Rob

  • #4

    Wolfi (Sonntag, 28 August 2022 18:39)

    Servus Rob,
    ja, das war bestimmt eine schöne Zeit. Mir hat es dort auch gut gefallen. Besonders der Abend war amüsant.
    Vielleicht magst ja dazukommen, wenn ich mit dem Thomas die Bierverkostung quer durch Europa mache.
    Lass es dir gutgehen!
    Liebe Grüße