Tag 92 (31.08.2022): Erholungstag, Sightseeing und Wartung in Palencia

Tageskilometer: 0,00 Km

Tageshöhenmeter: 0 Hm

Gesamtkilometer: 5.762,77 Km

Gesamthöhenmeter: 42.318 Hm

Gesamtkilometer Schiff: 101,20 Km

 

Ich habe wieder hervorragend geschlafen. Es eilt nichts, und so frühstücke ich gemütlich und führe wieder mal meine Wartung am Gespann durch. Es steht die übliche Prozedur mit Luft nachpumpen, Kette und Schaltung ölen und Sichtkontrolle aller wichtigen Komponenten an. Passt wieder alles!

 

Dann wähle ich mir als Tagesmotte das Thema "Kuriositäten und Klischees" aus.

 

Ich spaziere in die Innenstadt und dort durch die Calle Mayor Principal. Es ist so angenehm frisch - einfach herrlich.

 

Da entdecke ich schon das erste Thema, nämlich "Lotterie und Glücksspiel". An jeder Ecke stehen die kleinen Häuschen, in denen jemand sitzt und alle möglichen Lotterien verkauft. Die Leute sind im Spielfieber und erwerben Scheine für gewöhnliches Lotto, für Sportwetten und für vieles andere mehr, auf das man wetten kann. Die Wetten auf die Stierkämpfe bezeichne ich dabei nicht als Sportwetten, weil das ja keine fairen sportlichen Kämpfe sind.

 

Die größte Lotterie des Jahres ist die spanische Weihnachtslotterie, die jedes Jahr am 22. Dezember ausgespielt wird. Der Hauptgewinn ist dabei "El Gordo", auf Deutsch "Der Dicke", der mit 650 Millionen Euro dotiert ist.

 

Jedes Geschäft, jede Bar und jedes Restaurant, das jemals bei der spanischen Weihnachtslotterie gewonnen hat, hat seinen Spielschein groß und deutlich aufgehängt. Die Lose für die spanische Weihnachtslotterie sind übrigens auch in Deutschland über das Internet erhältlich.


Diese beiden Bilder haben mit Tieren zu tun, aber leider auf sehr unterschiedliche Weise.

 

Das Bild mit dem städtischen Omnibus stimmt mich traurig und ärgerlich zugleich. Auf dem Bus ist, ähnlich wie bei uns daheim Werbung für einen Elektromarkt, Werbung für die Stierkämpfe aufgeklebt. Der nächste findet heute Abend statt.

 

Das zweite Bilder hat einen viel fröhlicheren Anlass. Auf dem Dach der Kirche Iglesia del Convento Agustinas Canonigas, die mitten in der Innenstadt steht, ist ein Storchennest zu sehen.

 

Bemerkenswert ist auch, dass die gesamte Haupteinkaufsstraße mit Wasser gereinigt ist.


Das Thema "Kuriositäten" ist auch mit den Bierkrügen aus Deutschland erfüllt, die ich in einem Schaufenster entdecke. Deutschland, Freiburg im Breisgau, Loreley, Oktoberfest und Berlin sind die Themen auf den Bierkrügen. Ich frage mich, wo der Ladenbesitzer diese Krüge herhat, und ob allen Ernstes irgendjemand diese Krüge hier in Palencia kauft. Witzig ist es allemal.

 

Dann bleibe ich noch längere Zeit bei diesem älteren Straßenkünstler stehen. Er baut langsam und sehr sorgfältig alles für seinen Auftritt auf. Zuerst setzt er die beiden Puppen auf den Boden, die ein Tanzpaar darstellen. Dann baut er im Hintergrund seinen Lautsprecher für die Musik auf. Als nächstes zieht sich der ältere Mann in komplett schwarze Kleidung um. Und zu guter Letzt macht er ausgiebig Dehnübungen. Dann schaltet er die Musik ein. Es ist spanische Folkloremusik, die aus dem großen Lautsprecher dröhnt. Der Mann schlüpft unter die Puppen, und vollführt einen akrobatischen Tanz. Es bilden sich Menschentrauben, die interessiert zuschauen; auch nichts, was man alle Tage zu sehen bekommt.

Etwas weg vom Thema "Kuriositäten und Klischees", aber nicht minder erwähnenswert ist dieser Laden. Es ist das Spezialitätengeschäft "Aceitunas Olibher". Hier gibt es leckeres Essen vom Feinsten! Was gibt es hier alles?

 

Da gibt es zuerst einmal alle möglichen Schinkensorten, die frisch von der Keule geschnitten werden. Dabei sind die Keulen in eine Vorrichtung gespannt, damit die Keule nicht verrutschen kann. Mit einem schmalen und biegsamen Messer werden dann nach Kundenwunsch ganz dünne Scheiben heruntergeschnitten.

 

Es gibt alle möglichen Käsesorten, Tapas in allen möglichen Variationen zum Mitnehmen, alle möglichen duftenden Gebäcksorten von herzhaft bis süß, Brotaufstriche, Marmeladen und vieles mehr.

 

Es ist halt ein richtiger Schlemmerladen, und mich wundert es nicht, dass soviele Menschen davor Schlange.

 

Ich glaube, anstatt eines Essens im Restaurant, werde ich mir heute Abend dort etwas holen.

 

Kommen wir mal zum Thema Klischees. Da gibt es ja unzählige. In die Welt gesetzt und sehr oft geglaubt sind sie schnell. Eines, das ich schon öfters gehört habe, wenn ich irgendwo fern der Heimat war, ist, dass wir Bayern Bier nur aus Maßkrügen trinken. Man hat schon mal Bilder vom Oktoberfest gesehen und schwuppdiwupp ist das allgemeingültig. Und in Lederhosen und Dirndln laufen wir natürlich auch das ganze Jahr rum.

 

Ich bin jetzt auf meiner Tour de Chirurgie ungefähr 85% der Kilometer gefahren, die ich insgesamt eingeplant habe. Und auch ich wurde mit einigen Vorwarnungen, wie es hier und dort so zugeht, losgeschickt. Gute Ratschläge fehlten auch nicht.

 

Eine der ersten Warnungen, die mir mitgegeben wurde: "Pass blos auf die Autofahrer in ... auf! Da fahren sie wie die Irren." Die Warnung bezog sich auf Ostdeutschland, Frankreich und Spanien. Ich bin nun drei Monate unterwegs und kann auf gut bayrisch sagen. Diese Warnung ist ein völliger Schmarrn. Die Autofahrer auf meiner gesamten Tour, waren, bis auf ganz wenige Ausnahmen, äußerst rücksichtsvoll und auch zuvorkommend. Ich fühle mich auf meiner ganzen Tour sicher auf den Straßen!

 

Ein weiteres Klischee, dass man gerne hört, ist, dass im Ausland gerne geklaut wird. Egal, wo ich auch immer war, habe ich natürlich auf meine Sachen geachtet, aber ich hatte kein einziges Mal das Gefühl, dass es irgendwo aufs Klauen angelegt wird. Ich hatte bisher nie Angst um mein Gespann oder um meine persönlichen Gegenstände. Wie gesagt, passe ich auf meine Sachen auf. Gelegenheit macht ja bekanntermaßen Diebe.

 

Etwas anderes ist, dass bei uns in Deutschland oftmals gemutmaßt wird, dass die Leute im Ausland weniger arbeiten oder gar faul sind. Das kann ich so überhaupt nicht bestätigen. Was meiner Meinung nach richtig ist, dass Deutschland (noch) einen sehr hohen Standard in Bezug auf Pflichterfüllung und Wohlstand hat. Ich habe allerdings seit einiger Zeit die Einschätzung, dass sich das ändert. Das fällt mir, zumindest für Teile, das Stichwort Generation X, Y oder Z ein. Egal wo ich war, die Leute waren bisher freundlich, höflich und haben getan, was sie konnten. Das war manchmal zu meiner vollen Zufriedenheit und manchmal eben nicht. Wir bekamen früher Hitzefrei in der Schule, wenn es über 30o C hatte. Es ist also kein Wunder, dass die Leute in Südfrankreich oder Spanien bei Hitzewellen von teilweise 40o C oder gar 45o C nicht draußen arbeiten oder nur zu bestimmten Tageszeiten. Ich kann ein Lied davon singen auf meinen Hitze-Etappen, die ich hatte.

 

Es gäbe noch viele andere Eindrücke, die ich schildern könnte. Das eine oder andere habe ich ja schon geschildert und es wird auch noch einiges in meinen zukünftigen Blogeinträgen kommen. Das ist alles das, was ich so beobachte!

 

Was ich sagen will: "Es ist zwar sehr leicht, aber oftmals auch sehr falsch, einfach irgendetwas zu glauben, das einem gesagt wird oder das man über die Medien vermittelt bekommt."

 

Nehmen wir mal zwei Beispiele: Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs wird von den Politikern mehr oder weniger eingesehen, dass es eine starke Bundeswehr innerhalb der NATO braucht, um verteidigungsfähig zu sein und seine Verpflichtungen erfüllen zu können. Das wurde über Jahrzehnte völlig vernachlässigt. Jetzt wird ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Ertüchtigung der Bundeswehr zur Verfügung gestellt. Das Wort Sondervermögen wird jetzt übrigens immer häufiger verwendet. Hallo Leute! Das ist kein wie auch immer geartetes Vermögen! Das sind nichts anderes wie Staatsschulden, die jetzt gemacht werden müssen, weil das Geld über Jahrzehnte nicht ordentlich bereitgestellt wurde.

 

Dasselbe passiert, wenn in München, jedes Mega-Bauvorhaben als SEM, Städtebauliche Entwicklungs-Maßnahme, deklariert wird. Das sind keine Städtebaulichen Entwicklungs-Maßnahmen, sondern Städtebauliche Rückentwicklungs-Maßnahmen! Es wird rücksichtslos alles zugebaut zum Nachteil der Bevölkerung. Der Boden wird versiegelt. Die Neubauten, die noch mehr zusätzliche Energie verbrauche und die Sonnenenergie wie Speichersteine aufnehmen, tragen noch mehr zur Erderwärmung bei. Auf meiner Tour habe ich es oftmals erlebt, dass es in den Städten eben 3 bis 4 wärmer ist als auf dem Land. Ausgleichsflächen wie früher ein Westpark, Hirschgarten oder Englischer Garten werden nicht geschaffen. Darüber hinaus werden den Wählern, die mit ihren Stimmen vertrauen verschenken, Verkehrskonzepte aufgedrängt, die die Lebensqualität noch mehr schmälern.

 

Sondervermögen und SEM sind nur zwei Beispiele wie die breite Bevölkerung mit Wortmissbrauch in die Irre geführt wird. Also, es liegt an uns allen, sich selbst ein realistisches Bild zu machen, und nicht einfach alles zu glauben, was uns in Wort und Bild vermittelt wird.

Das Hotel Eurostars Diane Palace liegt zentral. In 5 Minuten ist man im Zentrum von Palencia.

 

Leider fand ich bei meiner Ankunft im arg engen Zimmer wieder schwarze lange Haare im Bad. Das habe ich dann moniert, dass das Zimmer nochmal gereinigt wird.

 

Und weil ich gerade bei der negativen Kritik bin. Meine Wäsche wurde zwar gewaschen, aber es ist mir ein Rätsel wie man Sportkleidung wie meine T-Shirts und Fahrradtrikots dermaßen verknittern kann. Eigentlich ist das ja gar nicht möglich, aber hier hat man es geschafft, dass ich jetzt im Vintage-Look Fahrrad fahre.

 

Das Frühstück ist reichhaltig. Da ist für jeden was dabei von herzhaft bis süß. Das einzige Manko ist, dass der Frühstücksraum im Keller ist.

 

Kurios ist auch die Tiefgarage. Denn man kann nicht einfach in die Tiefgarage fahren, sondern man muss mit seinem Gefährt in einen Aufzug und fährt dann nach unten. Jedes Mal, wenn man nach unten möchte, muss man an der Rezeption darum bitten, dass die Tür zum Aufzug geöffnet wird. Einen direkten Zugang vom Hotel gibt es nicht. Man muss also mit dem Fahrzeug-Aufzug wieder nach oben fahren.

 

Als Palace würde ich das Hotel nicht bezeichnen, aber das Personal war sehr freundlich und hilfsbereit.

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Inge (Mittwoch, 31 August 2022 19:56)

    "Also, es liegt an uns allen, sich selbst ein realistisches Bild zu machen, und nicht einfach alles zu glauben, was uns in Wort und Bild vermittelt wird."
    Diesem Eindruck von dir, stimme ich zu 100% zu.

  • #2

    Michael (Mittwoch, 31 August 2022 20:11)

    Hi Wolfi,
    jetzt bist du ja schon seit geraumer Zeit in Spaniern unterwegs... Da komme ich ja mit meinen "Rezensionen" gar nicht mehr hinterher. Möglicherweise wären da mehr "Abschnitte, auf denen Schieben angesagt ist" hilfreich, um dich einzubremsen �.
    Beim letzten Mal hatte ich ja geschrieben, dass die Erfahrungen, die du in Frankreich gemacht hast, "kunterbunt gemischt" sind. Das wurde durch deine letzten Erlebnisse in Frankreich mehr als bestätigt: Dinner for Three (or Four or Five?), Radwege sind wirklich toll, das schlechteste Best Western-Hotel (aber immerhin 1 Stern!), "südländische Fahrweise" der Autofahrer, atemberaubende Blicke, fast alle Autos sind verbeult, ... Da ist für jeden was dabei.

    In Spanien sind die Landschaftsaufnahmen auch wieder sehr schön, aber sie unterscheiden sich jetzt von allen Bildern, die du bisher gezeigt hast (wenn ich mich recht entsinne), es sieht viel trockener aus und ist es wohl auch. Auf dem Weg von Burgos nach Palencia hast du Landschaftsbilder mit Pinien gemacht. Solche tollen Bilder erinnern mich an Portugal.

    Von dem Essen in Beintza-Labaien, das du ja als Körperverletzung empfunden hast, konntest du dich zum Glück in Burgos bei einem "Feuerwerk an allerfeinsten Tapas" und dem einen oder anderen Gläschen Rotwein� erholen (und das gleich mehrfach �).
    Beinahe hätte ich mich veranlasst gesehen, auch mal einen (Kritik-) Punkt loszuwerden, was das Thema Rotwein� betrifft. Spätestens seit dem Breisgau bis du ständig in weltberühmten Weingebieten unterwegs und nur in Frankreich hattest du dir einmal einen italienischen (!) Chianti genehmigt. Selbst das spanische Rioja-Gebiet hast du lediglich durchradelt. Das fand ich schwach �! Aber jetzt scheint sich das ja geändert zu haben. In deinem "Bildungs-Blog" hast du ja schon viele Themen besprochen. Was das Thema Rotwein� betrifft, wünsche ich mir aber auch noch die eine oder andere Empfehlung � - Biersommelier hin oder her �.

    Auch wenn du weit vorangekommen und weiterhin voller Tatendrang bist, bis nach Tarifa ist es noch ein Stück. Für deine Weiterreise hoffe ich, dass es jetzt keinen Starkregen mit Sturm, Blitz und Donner mehr gibt!
    Alles Gute
    Michael

  • #3

    Wolfi (Mittwoch, 31 August 2022 21:36)

    Liebe Inge,
    vielen Dank für deine Zustimmung!
    Ich wünsche dir alles Liebe und Gute für die nächste Zeit.
    Liebe Grüße

  • #4

    Wolfi (Mittwoch, 31 August 2022 21:45)

    Lieber Michael,
    es tut mir ja leid, dass du enttäuscht bist, dass ich nicht in jeder Bodega zur Verkostung hängen geblieben bin, aber ich bin eigentlich ganz froh, dass ich mich aufs Fahrradfahren konzentriert habe. Bei der Weinempfehlung halte ich mich lieber zurück. Aber sowohl im Weinland Frankreich, als auch in Spanien beobachte ich eine große Auswahl an Biersorten, und dass auch durchaus viel Bier getrunken wird.
    Ansonsten ist deiner Zusammenfassung wieder mal nichts hinzuzufügen.
    Ich danke dir wieder für deine anfeuernden Worte und habe das Ziel fest im Auge.
    Dir wünsche ich eine schöne Zeit. Bis zum nächsten Mal!
    Liebe Grüße