Tag 93 (01.09.2022): Von Palencia nach Tordesillas

Tageskilometer: 83,25 Km

Tageshöhenmeter: 562 Hm

Gesamtkilometer: 5.846,02 Km

Gesamthöhenmeter: 42.880 Hm

Gesamtkilometer Schiff: 101,20 Km

 

Gestern habe ich den Abend in Palencia noch gemütlich austrudeln lassen. Das Pokalspiel Viktoria Köln gegen den FC Bayern München im Fernsehen war unterhaltsam, und mit dem Ergebnis von 0:5 kann ich auch zufrieden sein.

 

Ich hole das Gespann mittels des Fahrzeug-Aufzugs aus der Garage und frühstücke, ehe ich um 7:20 Uhr aufbreche. Es ist frisch, aber ich denke mir, dass die kurzen Fahrradklamotten schon richtig sind. Das sind sie auch, bis ich die Stadt verlassen habe. Wie bisher schon öfters auf meiner Tour erlebt, ist es in der Stadt um 3o C bis 4o C wärmer. Außerhalb der Stadt hat es empfindliche 9o C, aber ich habe zur Sicherheit schon mein Fleece außen auf die Packtasche geschnallt.


Wie schon auf meinen letzten Etappen geht es am Anfang gleich mal ordentlich bergauf. Ich fahre auf der P-901, einer kleinen wenig befahrenen Landstraße. Während es in der Stadt klar war, zeigt sich jetzt immer mehr Bodennebel. Erst sehe ich diesen in der Ferne, dann fahre ich direkt hinein. Die Sicht beträgt teilweise nur 100 Meter. Die Sonne versucht mit ihrer Kraft, den Bodennebel aufzulösen, tut sich aber schwer. Die Stimmung ist wieder mal - sagen wir - mystisch.


In Santa Cäcilia del Alcor wechsle ich auf die VA-903, und fahre jetzt in südlicher Richtung bis Trigueros del Valle. Ich durchfahre das kleine Weinanbaugebiet Cigales. Die Böden in den Weingärten sind weiß und steinig, was auf den sehr kalkhaltigen Boden zurückzuführen ist. Auf der Hochebene hat die Sonne den Bodennebel bereits weggeblasen, in den tieferen Lagen dauert es noch ein bisschen.

 

Auch wenn ich von meinem Arbeitskollegen Michael mit einem Kommentar im gestrigen Blog getadelt wurde, dass ich einfach so durch weltberühmte Weinanbaugebiete radle, und er sich die ein oder andere Weinempfehlung wünscht, muss ich ihn an dieser Stelle enttäuschen. Um 9:30 Uhr ist mir eine Rotweinverkostung einfach zu früh. Außerdem habe ich zwar geschulte und geschärfte Sinne, was Bier angeht, und kann auch sehr gut ein Bier beschreiben oder eine Empfehlung zu einem Essen abgeben, aber beim Wein? Da kann ich eher nur ein Urteil zwischen "schmeckt mir sehr gut"👍, "geht so"🤙 oder "oh je"👎 abgeben. Ich kann, so glaube ich, einen Bordeaux nicht von einem Clochard du Trottoire🤣 unterscheiden. Wenn ich hier in Frankreich oder in Spanien bisher einen Wein getrunken habe, habe ich mich immer auf die Empfehlung im jeweiligen Lokal verlassen. Da war ich immer bestens beraten.

Also fahre ich ohne Rotwein schön brav aufrecht sitzend🚴‍♂️ weiter auf der VA-900 bis Cigales, und stürze mich dann auf der VA-VP-4401 ins Getümmel von Valladolid, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und Regierungssitz der autonomen Region Kastilien und Léon. Da es in dieser Stadt verkehrsmäßig dermaßen zugeht, und ich auch keine Lust auf weitere Kirchen oder historische Bauwerke habe, fahre ich einfach durch. Das dauert so ungefähr eine halbe Stunde.

 

Auf meinem Weg durch diese laute und von modernen Bauten geprägte Stadt überquere ich über die stylische Puente de la Hispanidad den Rio Pisuerga. Dessen Reise endet kurze Zeit später, indem er in den Duero mündet. Dieser wiederum fließt in westlicher Richtung, später durch Portugal und mündet bei Porto in den Atlantik. Wenn ich es mir recht überlege, dann habe ich auf meiner bisherigen Tour schon eine ganze Menge mehr oder weniger große und auch bekannte Flüsse gesehen.

Nach Valladolid überquere ich den Fluss nochmals bei Simancas mit seiner Zitadelle. Simancas liegt am Camino de Madrid, also auf einem Zubringer-Jakobsweg von Madrid auf den Camino Frances. Von dem Letzteren wissen wir ja schon, dass dieser nach Santiago de Compostela führt. Dorthin wollen ja bekanntlich alle, bis auch mich. Ich will nach Tarifa. Und siehe da, da tummeln sie sich wieder in Scharen, leicht zu erkennen an Wanderbekleidung, Hut, Rucksack und Stöcken. Irgendwie kommen mir die Pilger vor wie Ameisen. Immer wenn ich meine, ich bin sie los, sind sie auf einmal wieder da. Naja, aber unsere Wege trennt sich ja sogleich wieder.


Jetzt folge ich der VP-5806 und später der VP-5805 bis Matilla de los Caños. Die beiden Straßen sind fast unbefahrene Landstraße auf der Hochebene der Meseta.

 

Was ich hier zu sehen bekomme ist eigentlich erschütternd. Glaubte ich schon nach dem Verlassen des Baskenlandes durch trockene Landstriche zu fahren, ist hier wirklich alles staubtrocken. Darüber können auch die immer wieder auftauchenden grünen Ansammlungen von Pinien nicht hinwegtäuschen. Wenn ein Bauer mit seinem Traktor auf einem Feld eggt, staubt es dermaßen, dass ich aus der Ferne meine, es brennt. Manche Felder sind aufgegeben, weil gar nicht so viel Wasser zur Verfügung steht, um alles vernünftig zu bewässern. Es ähnelt teilweise einer Wüste. Ansonsten ist die Gegend sehr dünn besiedelt. Was soll man hier auch!?

Nachdem ich mich in meinem heutigen Etappenziel, der Kleinstadt Tordesillas, kurz verfahre, komme ich an meiner Unterkunft, dem Hotel El Pozo de la Nieve, an.

 

Mein Zimmer ist noch nicht bezugsfertig, und so mache ich mich auf den Weg zu einem kleinen Spaziergang durch den Ort. Ich begebe mich auf die Plaza Mayor, auf der es drei Lokale gibt. Ich entscheide mich für das Restaurant Pedernal. Dort genieße ich im Schatten die friedliche Atmosphäre auf dem Platz und esse eine Kleinigkeit. Es gibt gegrillten Pulpo mit spanischen Kroketten mit Schinken - sehr lecker. Der freundliche Ober fragt mich danach, ob es mir geschmeckt hat. Das begleitet mich seit dem ersten Tag in Spanien, dass ich freundlich gefragt werde, ob es mir geschmeckt hat. Über ein Lob freuen sich die Leute sehr und grinsen dankbar.

 

Obwohl es am Morgen nur 9o C hatte, steigen die Temperaturen ab Nachmittag wieder auf knapp 30o C. Ich verziehe mich in mein Hotel. Dort schlafe ich erstmal eine Stunde. Wer weiß, vielleicht gehe ich ja am Abend nochmal los.

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Kommentare: 2
  • #1

    Martina (Freitag, 02 September 2022 06:11)

    Guten Morgen,
    heute ist wohl das letzte Mal, dass ich deinen Blog beim Radeln lese, heute mittag geht's nach Teneriffa ✈️
    Aber: dort gibt es auch Netz, sogar WLAN, Du kommst mir also nicht aus! �
    Auf einen weiteren angenehmen und kulinarisch erfolgreichen Tag, alles Liebe

  • #2

    Wolfi (Freitag, 02 September 2022 07:10)

    Liebe Martina,
    du bist ja eine ganz treue Seele, was das Lesen meines Blogs angeht! Vielen Dank dafür!
    Jetzt wünsche ich dir einen wunderschönen Urlaub auf Teneriffa.
    Lass es dir gutgehen!
    Liebe Grüße