Tag 18 (02.06.2023): Von Honningsvåg zum Nordkap und wieder zurück

Tageskilometer: 65,80 Km

Gesamtkilometer: 3.513,50 Km

Durchschnittsgeschwindigkeit: 58 Km/Std.

Tageskilometer Schiff: 0,00 Km

Gesamtkilometer Schiff: 859,32 Km

Reisezeit: 1:44 Stunden

Gesamtreisezeit: 84:07 Stunden

 

 

 

Referenzartikel aus dem Jahr 2022: 

Tag 2 (02.06.2022): Vom Nordkap nach Honningsvåg

 

Am heutigen Tag steht das Nordkap und vor allem viele Erinnerungen im Mittelpunkt, aber dazu später mehr.

Anfahrt auf Vardø.
Anfahrt auf Vardø.
Schmucke bunte Häuser in Vardø.
Schmucke bunte Häuser in Vardø.

Die MS Vesterålen erreicht um 18:00 Uhr den ersten Hafen, den sie anläuft, Vardø. In Vardø gibt es eine Besonderheit, ein Radar zur Verfolgung von Weltraumschrott. Ansonsten frage ich mich fasziniert, warum und wie Menschen in so einer unwirtlichen Gegend das ganze Jahr leben.

 

Um 19:45 Uhr geht es dann in's Restaurant zum Abendessen. Als Vorspeise gibt es eingelegten Hering nach Sami-Art, als Hauptgang rosa gebratenes Rentier mit buntem Gemüse und Kartoffelbrei und als Nachspeise einen russischen Gewürzkuchen. Das war alles von hervorragender Qualität und sehr gut zubereitet. Begleitet wird das gute Essen von einem "Kong Oscar Victorian Porter", einem schönen runden Porter so wie es sein soll. Oscar II. war übrigens König von Schweden und Norwegen, der schweren Herzens miterleben musste, wie sich Norwegen 1905 selbständig machte.

 

Obwohl die Helligkeit mir nicht das Gefühl gibt, ins Bett zu müssen, gehe ich trotzdem um 22:30 Uhr. Morgen steht einfach ein sehr wichtiger Tag für mich an. Die MS Vesterålen ist eines der älteren und kleineren Schiffe in der Hurtigrutenflotte. Das Wasser schlägt, in der Kabine deutlich hörbar, an die Außenwand. Trotzdem schlafe ich gut. 

Die Bugkamera: Anfahrt auf Honningsvåg.
Die Bugkamera: Anfahrt auf Honningsvåg.
Der Hafen von Honningsvåg.
Der Hafen von Honningsvåg.

Um 4:45 Uhr ist die Nacht für mich rum. Das Schiff soll ja um 5:45 Uhr in Honningsvåg anlegen. Ich verfolge an der Rezeption die Bilder der Bugkamera des Schiffs. Ich sehe das mir vertraute Honningsvåg, wo wir in 5 Minuten anlegen werden. Ich erinnere mich an das Bild, dass ich gemacht habe, als wir voriges Jahr an Tag 3 Honningsvåg mit der Kong Harald in Richtung Havøysund Honningsvåg verlassen hatten.

 

Eine freundliche junge Mitarbeiterin begrüßt mich im Bauch des Schiffes mit einem fröhlichen Lächeln und losgezurrt wie selbstverständlich das Motorrad. Ich fahre auf den Autolift und eine Minute später stehe ich am Hafen, da wo ich vor einem Jahr in die andere Richtung mit meinem Gespann stand. Jetzt, als ich diese Zeilen schreibe, weine ich einfach d'rauf los. Die Erinnerungen sind einfach zu schön.

 

Ich erinnere mich, wie ich nach der schwierigen Anreise noch mit meiner Frau und unserer Freundin Martina nach Havøysund gefahren und losgeradelt bin; zuerst über die Brücke, dann den Berg hinauf. Von dort hatte ich einen Blick auf die auslaufende Kong Harald mit meiner Frau an Bord und ich strampelte in die absolute Abgeschiedenheit mit vielen Steigungen und viel Wind. Die Sattelstütze sollte bald Probleme machen.

Auf dem Parkplatz am Nordkap.
Auf dem Parkplatz am Nordkap.
Der berühmte Globus auf 71° 10′ 21″ nördlicher Breite.
Der berühmte Globus auf 71° 10′ 21″ nördlicher Breite.
Gut eingepackt bei 2 Grad C.
Gut eingepackt bei 2 Grad C.
Denkmal der Kinder der Welt.
Denkmal der Kinder der Welt.
Der "richtige" nördlichste Punkt des Europäischen Festlands.
Der "richtige" nördlichste Punkt des Europäischen Festlands.

Ich mache mich auf den Weg von Honningsvåg zum Nordkap. In Honningsvåg hat es noch 4o C, später nur noch 2o C, aber es ist trockenDie Straße, die zum Nordkap führt, ist die berühmte E69. Wie der Name vielleicht vermuten läßt, hat die E69 aber nichts mit einer Autobahn gemeinsam. Es ist eine sich durch's Nichts dahinschlängelnde Straße. Ab und zu steht mal eine Hütte am Straßenrand oder der Nordkap Camping. Immer wieder bremse ich wegen Rentieren am Straßenrand, die aber schnell flüchten, wenn ich mich ihnen nähere.

 

Dann fahre ich über die letzte Kuppe und sehe schon den großen Parkplatz mit vielen Wohnmobilen und die Nordkaphalle. Um 6:40 Uhr stelle ich die Maschine ganz vorne am Parkplatz ab und sehe schon den berühmten Globus. Ich nähere mich langsam und jetzt habe ich den bekannten Blick auf die 307 Meter steil abfallende Klippe des Nordkaps, an der sich der Arktische Atlantik und die Barentssee treffen. Die ersten Touristen treffen mit einem Bus ein, und wir fotografieren uns gegenseitig. Danach setze ich meinen Helm wieder auf. Der Wind ist eisig.

 

Neben dem berühmten Globus und der Nordkaphalle mit Restaurant, Museum und Kino gibt es noch das Denkmal der Kinder der Welt, ein wunderbares internationales Projekt, das Freundschaft, Zusammenarbeit, Hoffnung und Freude über alle Grenzen symbolisiert.

 

Die eigentlich nördlichste Spitze des europäischen Festlands ist die benachbarte Landzunge Knivskjellodden, die 1.400 Meter weiter in Richtung Norden ragt. Aber für den Tourismus ist halt die steile Klippe des Nordkaps spektakulärer.

 

Um 7:00 Uhr rufe ich meine Frau an, um meine Emotionen mit ihr zu teilen. Ich wollte sie nicht aus dem Bett schmeißen, aber sie ist schon wach. Wir erinnern uns gemeinsam, wie wir genau vor einem Jahr hier mit einem Glas Sekt auf eine erfolgreiche, gesunde, Tour mit vielen tollen Erlebnissen angestoßen haben. Dann habe ich von meiner Frau noch eine Glückwunschkarte und den Glücksengel und das Glücksherz mit auf den Weg bekommen. Ich sage ihr, dass ich große Freude und Dankbarkeit in mir habe, dass ich wieder hier sein kann und wie schön es wäre, wenn sie jetzt da sein könnte!

 

Ein besonderes Bedürfnis ist es mir noch, meinem Freund Peter und seiner Frau Renate Bilder zu schicken, und Peter zu danken, wie einmalig toll er mich voriges Jahr auf meiner Fahrradtour unterstütz hat.

Die E69 schlängelt sich durch dier Landschaft.
Die E69 schlängelt sich durch dier Landschaft.
Wie eine Mondlandschaft mit tiefblauen Seen.
Wie eine Mondlandschaft mit tiefblauen Seen.

Danach fahre ich die 32 Kilometer gaaaaanz langsam zurück nach Honningsvåg. Genau vor einem Jahr bin ich hier losgefahren, um nach 107 Tagen und 6.693,57 Kilometern und 6.994 Euro an Spenden für die Stiftung Chirurgie TU München in Tarifa anzukommen. Ich erinnere mich, wie ich am späten Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein losgefahren bin, die ersten Rentiere sah und einfach nur fasziniert von dieser unbeschreiblichen Landschaft war. Heute sind die kleineren Seen noch zugefroren.

 

Es kommen mir zwei Fahrradfahrer, schwer bepackt, entgegen. Ich denke mir, da war mein Anhänger schon eine gute Wahl. Auf alle Fälle wünsche ich ihnen eine gesunde Tour mit vielen wunderschönen Erlebnissen.

The View Hotel.
The View Hotel.
Blick auf Honningsvåg und den Honningsvåg-Fjord.
Blick auf Honningsvåg und den Honningsvåg-Fjord.

Ich fahre die Straße hoch zum The View Hotel und parke vor dem Haus. Als ich in's Haus gehe, denke ich mir "Da stand voriges Jahr dein Gespann!".

 

Ich werde freudig begrüßt. Wir erinnern uns noch aneinander. Ich soll doch bitte gleich frühstücken. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Nachdem ich meine Sachen in mein Zimmer gebracht habe - es wurde extra für meine frühe Ankunft vorbereitet - gehe ich in den zweiten Stock zum Frühstücken.

 

Das sehr gute Frühstück wird zum perfekten Erlebnis durch den Panoramablick auf den Honningsvåg-Fjord. Ich kann beobachten, wie die Schiffe kommen und fahren. Mittags läuft das nächste Schiff der Hurtigruten den Hafen an, um bald darauf wieder wieterzufahren.

 

Lustig ist, dass im Frühstücksraum deutsche Schlager, aufgelockert durch ABBA und Hits der 1980er Jahre gespielt werden. Bei Roland Kaiser "geht's schon wieder los" und Andrea Berg "will mit mir am Strand auf weißen Pferden reiten!". Bei den Temperaturen kann mich die mal.

 

Obwohl ich es gar nicht so schlecht kann, halte ich Tanzen für eine unnötige Kalorienverschwendung, aber heute würde ich vor lauter Freude mit meiner Frau ein Tänzchen hinlegen.

 

Nach dem ausgiebigen und seeeehr langen Frühstück gehe ich mit meinem Wäschebeutel an die Rezeption und schon werde ich gefragt "Do you need a laundry service?" Ich bejahe, und drei Stunden später habe ich meine Wäsche wieder frisch gewaschen zurück.

 

Wer zum Nordkap fährt, muss unbedingt im The View Hotel absteigen.

 

Ab jetzt geht es wieder südwärts auf bekannten und mit Sicherheit auch auf  unbekannten Wegen. Mit dem Motorrad kann ich ja schlecht auf Waldwegen oder Fahrradwegen dahinbrettern; möchte ich auch gar nicht.

 

Jetzt lasse ich erstmal diesen Tag voller Emotionen in Ruhe ausklingen und freue mich auf das, was noch kommt.

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Kommentare: 6
  • #1

    Claudia B. (Freitag, 02 Juni 2023 21:40)

    Lieber Wolfgang, deine Emotionen kann ich sehr gut mitfühlen, die packen einen einfach und es gibt kein Halten mehr.
    Tolle Bilder und wieder ein unterhaltsamer Reiseblog, den du da schreibst ;-) Ich lese so alle paar Tage und freu mich mit dir und beneide dich auch über die Möglichkeit und die Freiheit, eine solche Reise zu machen (abgesehen von den Temperaturen ...).
    Bin schon gespannt, wie es weitergeht und drücke dir weiterhin die Daumen für ein gelungene (Weiter-)Reise!
    Liebe Grüße - Claudia

  • #2

    Josef (Freitag, 02 Juni 2023 21:57)

    Das Nordkap unerfroren hinter Dir, gratuliere, Wolfi!
    Und eine beheizte Kabine bringt schon a bisserl mehr als beheizte Griffe - obwohl die nicht zu verachten sind. Weil ich immer "ohne" unterwegs war, froren de "Klupperl" oft, insb. der Damerl der Gashand ....
    Ich hoffe, daß der Wettergott dem Motorradler beim Ritt Richtung Süden, allerdings von ganz oben kommend, gewogen ist. Es gibt nichts Schlimmeres als Kälte und Regen und nichts Schöneres, als Wärme und Sonne auf dem Motorradl!

    Hals- und Beinbruch wünsch ich weiterhin :-)
    Auf dass wir beim Herrmannsdorfer wieder Schweinsbraten vom Feinsten genießen können...

    Herzliche Grüße
    Josef

  • #3

    Martina W. (Samstag, 03 Juni 2023 09:01)

    Ein Jahr später am Nordkap - klar, dass da Erinnerungen hochkommen � und weitere Erinnerungen werden kommen… schade nur, dass es so eisig sein muss �
    Gute Weiterfahrt wünscht Martina

  • #4

    Wolfi (Samstag, 03 Juni 2023 15:32)

    Liebe Claudi,
    es freut mich sehr, dass du meinen Reiseblog verfolgst! Eine Reise ist immer spannend und ich wußte nicht, dass das Wiedersehen mit so vielen Emotionen verbunden sein kann. Aber es ist schön, wieder hier zu sein. Ich genieße es. Jetzt geht es weiter auf diesen bekannten Pfaden und ich bin gespannt, was ich alles so erleben werde. dir wünsche ich eine schöne Zeit und freue mich schon, wieder von dir zu hören.
    Liebe Grüße

  • #5

    Wolfi (Samstag, 03 Juni 2023 15:39)

    Servus Josef,
    meinen größten Respekt, wenn du deine Touren rund um die Welt immer ohne Griffheizung gefahren bist. Es ist für mich ein Wunder, dass du überhaupt noch Messer und Gabel halten kannst, wenn wir uns zum Schweinsbratenessen treffen. Voriges Jahr hatte ich Kaiserwetter, heuer ist es wesentlich kühler und bedeckter, aber ich bin trotzdem dankbar, weil es so gut wie nicht regnet. Ohne Griffheizung wären meiner Finger wohl schon als sogenannte Krummfinger (zum Koffertragen bestens geeignet!) festgefroren.
    Der Schweinsbraten beim Herrmannsdorfer am Viktualienmarkt mit dir ist einer der Gründe, warum ich wieder nach München zurückfahre und nicht durchsause bis Tarifa.
    Ich wünsche dir eine schöne Zeit beim Erkunden unseres Bayernlandes mit dem Fahrrad.
    Bis bald und liebe Grüße

  • #6

    Wolfi (Samstag, 03 Juni 2023 15:40)

    Servus Martina,
    ja, genau ein Jahr, nachdem wir gemeinsam am Nordkap waren, bin ich wieder da. Wir hatten traumhaftes Wetter, aber ich bin froh, dass das Wetter nicht total verrückt spielt mit Eis und Schnee. Ich kann fahren und es geht gut voran.
    Dir und Maya eine schöne Zeit.
    Liebe Grüße