Tag 19 (03.06.2023): Von Honningsvåg nach Kautokeino

Tageskilometer: 334,90 Km

Gesamtkilometer: 3.848,40 Km

Durchschnittsgeschwindigkeit: 75 Km/Std.

Tageskilometer Schiff: 0,00 Km

Gesamtkilometer Schiff: 859,32 Km

Reisezeit: 5:04 Stunden

Gesamtreisezeit: 89:11 Stunden

 

 

 

Referenzartikel aus dem Jahr 2022:

Tag 3 (03.06.2022): Von Honningsvåg über Havøysund nach Olderfjord

Tag 4 (04.06.2022): Von Olderfjord nach Solvang

Tag 5 (05.06.2022): Von Solvang nach Masi

Tag 6 (06.06.2022): Von Masi nach Guovdageaidnu

 

Gestern Abend gab es kein Abendessen mehr. Ich hatte bei meiner Überfahrt von Kirkenes nach Honningsvåg genug auf dem Hurtigruten-Schiff und heute ein sehr ausgiebiges Frühstück. Ich telefoniere am Abend noch mit meiner Frau, dann gehe ich in's Bett.

 

Heute morgen ist das Wetter überraschen schön. Die Sonne blinzelt durch die Wolken. Das schaut doch gut aus. Der Wetterbericht sagt zwar Regen in Kautokeino voraus, aber wir werden sehen. Die Temperaturen pendeln im Laufe des Tages zwischen 6o C und 9o C.

 

Zuerst einmal gibt es ein ausgiebiges Frühstück; Eier mit Speck, Wurst, Käse, Pancakes mit Erdnussbutter und Schokocreme. Erdnussbutter könnte ich löffelweise essen, aber die Kalorienangaben auf den Gläsern lassen meine Vernunft siegen. Voriges Jahr auf meiner Fahrradtour hätte ich ruckzuck so ein Glas zum Frühstück leer gemacht.

 

Ich verabschiede mich auf der Rezeption mit dem Hinweis auf meine Erwähnungen des The View Hotels auf meiner Website. Die Leute freuen sich sichtlich über meine Einträge.

 

Dann fahre ich hinunter auf die E69, heute aber nicht in Richtung Norden, sondern in Richtung Süden.

Honningsvåg in der Morgensonne.
Honningsvåg in der Morgensonne.

Erst einmal weicht meine heutige Route  von der des vorigen Jahres ab. Voriges Jahr bin ich absichtlich mit meiner Frau und unserer Freundin Martina noch eine Station von Honningsvåg nach Havøysund mit den Hurtigruten gefahren. Ich wollte nicht mit dem Fahrrad durch den Nordkaptunnel fahren.

 

Eigentlich wollte ich wieder mit den Hurtigruten bis Havøysund fahren. Es gab zwar noch einen Platz für mein Motorrad, aber ich hätte da bleiben müssen, weil es keinen Deckplatz mehr gegeben hätte. Daher fahre ich eben auf der E69 nach Süden. Ich habe nochmal einen schönen Blick zurück auf Honningsvåg, wie ich ihn bisher noch nie hatte.

 

Die Landschaften kurz hinter Honningsvåg erinnert mich sofort an die vom letzten Jahr. Es ist einsam, die Landschaften sind karg und irgendwo sehe ich immer Wasser, entweder den Arktischen Ozean oder Seen. Häuser sind selten. Es sind kleine Häuser oder gar nur Hütten von Fischern.

Nordkaptunnel auf der Nordseite.
Nordkaptunnel auf der Nordseite.
Nordkaptunnel auf der Südseite.
Nordkaptunnel auf der Südseite.

Voriges Jahr habe ich mich bewusst gegen eine Fahrt mit dem Fahrrad durch den Nordkaptunnel entschieden. Der Tunnel ist knapp 7 Kilometer lang, mit einer Fahrspur in jede Richtung und einem schmalen Fußgängerweg. Die Beleuchtung ist eher mau. In der Mitte des Tunnel ist man 212 Meter und dem Meeresspiegel, das heißt dass bis zur Mitte jeweils ein Gefälle/Steigung von 9% vorhanden ist. Mir ist das Gefälle/Steigung in Richtung Süden heute länger und steiler, als in Richtung Norden vorgekommen.  Ich muss sagen, dass das letztes Jahr genau die richtige Entscheidung war, nicht durch den Tunnel zu fahren. Ein Reisebus kann meiner Meinung nach einen Fahrradfahrer nicht überholen, weil die Deckenkrümmung im Tunnel das nicht zulässt.

 

Mit dem Motorrad bin ich bei erlaubten 80 Km/h in ungefähr 6 Minuten durch. Damit habe ich die Insel Magerøya, verlassen und bin wieder auf dem Festland.

 

Heute kommen mir übrigens immer wieder bepackte Fahrradfahrer entgegen, die wohl zum Nordkap wollen, andere fahren in Richtung Süden. Ich grüße alle mit erhobener Hand und Zeigefinger nach oben. Wie aufmunternd war es für mich voriges Jahr, so oft von anderen gegrüßt worden zu sein.

Schritt 1: Rentiere voraus.
Schritt 1: Rentiere voraus.
Schritt 2: Scheint eine größere Herde zu sein.
Schritt 2: Scheint eine größere Herde zu sein.
Schritt 3: Es ist eine größere Herde.
Schritt 3: Es ist eine größere Herde.
Schritt 4: Der ist weit genug von uns weg.
Schritt 4: Der ist weit genug von uns weg.

Heute muss ich den ganzen Tag auf zwei Dinge aufpassen, nämlich Rentiere und den Wind. Der Wind ist zwar unberechenbarer, aber die Rentiere sind schon auch nicht ohne.

 

Heuer begegnen mir viel mehr Rentiere als voriges Jahr. Immer wieder treten sie in kleineren Gruppen oder größeren Herden auf. Mein Blick ist jetzt schon einigermaßen geschult, und so erkenne ich sie schon von weitem. Die Alttiere mit weißem Fell heben sich deutlich von der braun-grünen Landschaft ab.  So verringere ich jedes Mal meine Geschwindigkeit, damit ich jederzeit bremsen kann. Wenn ich mich den Rentieren nähere, werden sie wachsam. Sie hören auf, zu äsen, und beobachten mich. Komme ich ihnen ihrer Meinung nach zu nahe, hoppeln sie in ihren typischen Bewegungen davon,. Die Jungtiere mit ihrem mittel- bis dunkelbraunen flauschigem Fell folgen im Rentiergalopp. Eigentlich müssten sie also Renntiere heißen. So geht das heute bis zu meiner Zielankunft 10 bis 20 mal.

 

Der Wind ist typisch für den Fjell, wie das Outback auf den Hochebenen genannt wird. Er ist so stark wie voriges Jahr. Während er mir beim Fahrradfahren Kraft gekostet hat und ich aufpassen musste, nicht von der Straße geweht zu werden, ist es beim Motorradfahren eben der Seitenwind, gegen den ich mich ordentlich lehnen muss.

Die E69 vor Olderfjord.
Die E69 vor Olderfjord.

Die E69 ist auf diesem Abschnitt eine unendlich lange traumhafte Straße  entlang der Küste.  Es geht an der Küste entlang und 4 Kilometer vor Olderfjord stößt die Bundesstraße 889 auf die E69. Die Bundesstraße 889 ist die Straße, die ich voriges Jahr von Havøysund kommend gefahren bin. Ab jetzt bin ich wieder auf meiner letztjährigen Route und erkenne alles sofort wieder.

Olderfjord Turistsenter.
Olderfjord Turistsenter.

Die E69 schlängelt sich den Berg hinunter und die Wegweiser führen mich direkt zum Turistsenter, wo ich voriges Jahr übernachtet hatte. Als ich vom Motorrad absteige, ist es windstill und dadurch ganz angenehm warm. Ich bin genügsam geworden, was die Temperature angeht.

 

Ich gehe in das Cafe, in dem auch ein großer Souvenirshop ist. Wie voriges Jahr steht die Chefin da, und ich bitte sie um ein Mineralwasser. Wir unterhalten uns und als ich ihr erzähle, dass ich ja voriges Jahr hier auf meiner Fahrradtour übernachtet habe, ist sie hellauf begeistert. Wir ratschen etwas und sie wünscht mir eine gute Weiterfahrt. Kurz mache ich noch eine Runde um den Platz und schaue, ob Klaus da ist, der mir voriges Jahr mit zwei neuen Schrauben für meine Sattelstütze ausgeholfen hat. Leider ist er gerade unterwegs.


Auf meiner Tour zu alten Schauplätzen geht's weiter. Nach Olderfjord biege ich auf die E6 ab. Wie voriges Jahr geht es gleich steil bergauf. Irgendwie fällt es mir heuer aber leichter. Wahrscheinlich bin ich besser trainiert.

 

Die Schilder mit den Einfahrtsmöglichkeiten für Snowmobile in den Fjell gibt's natürlich immer noch. Wer sich nicht daran hält, landet weiterhin im Straßengraben oder in einem überfrorenen Fluss.

 

Das Wetter, dass sich bis Olderfjord ganz freundlich gezeigt hat, tut dasselbe wie voriges Jahr. Es verschlechtert sich. Es wird wolkig, noch windiger und kalt. Der einzige Vorteil ist, dass es nicht regnet. ich stoße übrigens wieder auf die ersten verkrüppelten Birkenbäume, die eigentlich mehr Sträucher sind. Auf mich macht der Weg den gleichen bedrückenden Eindruck wie voriges Jahr. Es ist einsam, kalt, windig, die Straßen unendlich lang und die Landschaft karg, die Seen teilweise zugefroren.

 

Je länger dass ich so dahinfahre, umso klarer wird mir, welche Strecken, Steigungen und bei welchem Wind ich voriges Jahr den ganzen Weg eigentlich zurückgelegt habe. Nur das Zeitgefühl war ein anderes wie auf dem Motorrad. Während ich mir auf dem Motorrad immer wieder denke, dass es doch noch einigermaßen weit heute bis ans Ziel ist, kam mir so ein Gedanke beim Fahrradfahren nie. Da bin ich einfach stoisch dahingefahren, habe meine Pausen eingelegt, und dann ging es wieder weiter. Es gab keine Ungeduld. Vielleicht spielt eine Rolle dass ich ja mit dem Motorrad schneller fahren könnte, aber eben maximal nur 90 Km/h erlaubt sind. An die halte ich mich auch.

Solvang Camping.
Solvang Camping.
Hytte 3 gibt's noch.
Hytte 3 gibt's noch.

Voriges Jahr stand das Gespann an derselben Stelle wie jetzt die Maschine. Allerdings musste ich voriges Jahr nach der Fahrt bei 6o C und Regen bis 14:00 Uhr warten, bis ich meine Hütte beziehen, ordentlich einheizen und endlich was essen konnte. Hytte No. 3 gibt's immer noch. Da Stand voriges Jahr das Gespann daneben. Allerdings scheint jemand, den Türstock beschädigt zu haben. Ich schwöre, ich war's nicht!

 

Mein Weg führt mich nach Alta. Dort hat mich mein Fahrrad-Navi voriges Jahr auf kleinen Straßen durch kleine Siedlungen gelotst. Das macht das Motorrad-Navi natürlich nicht, aber schon bald bin ich wieder auf derselben Route wie voriges Jahr. Damit habe ivh die E6 verlassen und befinde ich jetzt auf der E45. Weiter geht's zur nächsten Station.

Solvang Camping.
Solvang Camping.
Hytte 3 gibt's noch.
Hytte 3 gibt's noch.

Ich lande in Masi. Ich fahre in den Ort, denn Tanken ist angesagt. Die angezeigte Restreichweite beträgt 45 Kilometer.

 

Dort war ich voriges Jahr am Pfingstmontag. Der ist in Norwegen ja auch Feiertag und somit war das Turistsenter geschlossen. Allerdings hing ein Zettel mit einer Telefonnummer an der Türe. Dort konnte ich anrufen, und eine ältere Dame kam, um mir eine Hütte zu vermieten. Heute ist auch wieder geschlossen, der Zettel hängt aber immer noch dran. Hytte No. 10, in der ich es mir voriges Jahr gemütlich gemacht hatte, steht immer noch friedlich da.

 

Die gesamte Strecke, die ich heute gefahren bin, war mir so vertraut, als ob ich sie erst gestern gefahren wäre. Straßen, Gebäude, Rastplätze, auf denen ich einen Riegel gegessen und etwas getrunken hatte - all das erkenne ich sofort wieder. Es muss wohl voriges Jahr ein sehr einprägsames Ereignis gewesen sein.

 

Jetzt habe ich nur noch wenige Kilometer zu meiner heutigen Unterkunft, aber davon morgen mehr.

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