Tageskilometer: 158,30 Km
Gesamtkilometer: 6.681,10 Km
Durchschnittsgeschwindigkeit: 55 Km/Std.
Tageskilometer Schiff: 0,00 Km
Gesamtkilometer Schiff: 864,56 Km
Reisezeit: 3:46 Stunden
Gesamtreisezeit: 142:24 Stunden
Referenzartikel aus dem Jahr 2022:
Tag 43 (13.07.2022): Von Helsingør nach Præstø
Die heutige Etappe ist in zweierlei Hinsicht eine ganz besondere:
- Auf meiner Fahrradtour 2022 war dies die längste Etappe auf meiner gesamten Tour mit 137,04 Kilometern.
- Es war sozusagen meine Schicksaltour, auf der ich mich durch einen Sturz in einem Vorort von Kopenhagen am Ellbogen, aber noch viel schlimmer, am Knie verletzt hatte. Das Knie schwoll dick an, die Weiterfahrt war gefährdet und erst irgendwann in Frankreich dachte ich mir eines Tages, dass der Schmerz jetzt weg ist. Normalerweise fährt man ja mit so einem Knie nicht noch weiter, aber ich hatte ein Ziel, wo ich unbedingt hinwollte. Und heute ist das Knie schon lange Zeit wieder voll in Ordnung.
Kommen wir zuerst zu meiner Unterkunft in Helsingør, dem Hotel Hamlet. Das Haus liegt sehr zentral. Es sind nur wenige Minuten zum Hafen, die Fußgängerzone beginnt direkt am Hotel. Das Haus ist alt, sauber, aber abgewohnt. Bei geschlossener Zimmertür sieht man das Licht auf dem Flur, so groß ist der Spalt zwischen Tür und Rahmen. Außerdem ist das Zimmer winzig. Das Frühstück bietet relativ wenig Auswahl. Insgesamt stimmt meiner Meinung nach das Preis-/Leistungsverhältnis nicht.
Heute ist es bewölkt, die Temperaturen klettern nicht über 22o C. Das ist trotzdem schon ziemlich warm beim Motorradfahren. Die wenigen Tropen während der Fahr sind nicht der Rede wert.
Mein erster Zwischenstopp ist beim Schloss Frederiksborg in Hillerød, das 1275 erstmals erwähnt, aber erst später zu seiner jetzigen Größe ausgebaut wurde. Die Schlossanlage hat erhebliche Ausmaße. Daher wäre eine Besichtigung des Inneren des prachtvollen Schlosses zu zeitaufwändig.
So schön Dänemark zum Fahrradfahren ist, so unschöne finde ich es, mit dem Auto oder in meinem Fall mit dem Motorrad unterwegs zu sein. Es ist viel mehr Verkehr, als in den anderen nordischen Ländern und die Dänen sind auch nicht so rücksichtsvoll im Straßenverkehr wie Finnen, Norweger und Schweden. Die Straßen gehen ewig lange geradeaus. Ab und zu wird der auf diesen Straßen eh schon relativ zähe Verkehr durch eine rote Ampel oder einen der zahlreichen Kreisverkehre unterbrochen. Da wünsche ich mir ganz schnell das ungestörte Fahren auf den Straßen meiner bisherigen Gastgeberländer zurück.
Das südliche Seeland und dann insbesondere die Halbinsel Jungshoved hat dann aber einiges zu bieten. Es ist abgeschieden und somit wenig Verkehr, und die Landschaften sind einmalig weit und malerisch.
Wie auf ganz Seeland werden hier auf großen Plantagen Weihnachtsbäume angebaut. Auch gestern im Norden Seelands bin ich schon auf Weihnachtsbaumplantagen gestoßen. Die ganze Fahrt über fahre ich heute immer wieder an jeder Menge Weihnachtsbäume vorbei. Am Rand der teilweise sich schon in Gold färbenden Getreidefeldern stehen Mohn- und Kornblumen.
Irgendwann biege ich auf die Straße ein, auf der ich voriges Jahr mit dem Fahrrad auf dem rot markierten Fahrradweg meiner Unterkunft entgegengeradelt bin. Alles wirkt wieder so vertraut auf mich. Die Kühe weiden auf Wiesen, die direkt an die blaue Ostsee anschließen. Hier im äußersten Osten von Seeland ist die Welt noch in Ordnung.
Die kleinen verwinkelten Straßen führen mich auf den letzten Kilometern zu meiner Unterkunft, dem Jungshoved Præstegård B&B bei Filip und Anette. Das war voriges Jahr ein Volltreffer nach der langen Etappe, auf der mich ordentlich Knieschmerzen geplagt hatten.
Ich fahre auf den Hof und bin somit sowohl auf dänischem, als auch auf estnischem Hoheitsgebiet. Filip ist ja Honorarkonsul für Estland. Und schon kommt Filipp aus dem Haus, um mich fröhlich und herzlich zu begrüßen. Anette ist leider nicht da, weil sie mit einer Freundin nach Kopenhagen gefahren ist. Da sind sie heute Abend beim André Rieu-Konzert.
Filip will sofort wissen, wie es voriges Jahr gelaufen ist, und ich erzähle ihm alles. Er klopft mir wie voriges Jahr auf die Schulter und meint, dass das phantastisch sei. Er strahlt wieder so viel Lebensfreude und positive Einstellung aus, dass es eine wahre Freude ist. Er stellt mich mit meiner Geschichte noch Gästen vor, die morgen hier ihre Hochzeit feiern. Dann stellt er mich seinem Sohn Mikel vor, der wohl in seine Fußstapfen treten wird. Und voller Freude stellt er mir Tira und Andre vor, die beiden ukrainischen Jugendlichen die voriges Jahr schon hier Obhut gefunden hatten . Filipp erzählt mir voller Freude, dass die beiden innerhalb eines Jahres sehr gut dänisch gelernt haben. Englisch konnte sie eh schon. Sie sind eine große Bereicherung für das Leben auf dem Hof und werden wohl nicht mehr in die Ukraine zurückgehen, sondern bleiben. Ich finde es einfach nur wundervoll, dass Filipp und Anette diese zwei jungen Menschen aufgenommen haben und sie fördern, dass sie aus ihrem Leben was Wertvolles machen können.
Nachdem die Zimmer im Haupthaus durch einen Teil der Hochzeitsgäste belegt ist, bekomme ich dieses Mal das Cottage zu Übernachten. Wenn das nicht mal eine Bleibe ist. Das gemütliche Häuschen verfügt über allen Komfort mit Küche, Schlafzimmer und Bad. Geschmackvoll eingerichtet - so wie das Haupthaus - ist es noch dazu. Ich fühle mich wieder rundum wohl.
Wenn ich heute Abend was brauche, meint Filipp, solle ich mich an seinen Sohn Mikel wenden. Er darf nämlich heute Abend seine Enkelkinder mit 4 und 7 Jahren hüten. Die freuen sich schon, wenn Opa kommt, denn am Freitag, und nur am Freitag, ist Süßigkeitenabend. Da würde ich mich an deren Stelle bei so einem tollen Opa auch freuen.
Gegenüber meines Cottages ist ein kleiner Weiher und da sind jede Menge Frösche drin, die gerade nicht zu überhören sind. Die Sonne ist auch wieder rausgekommen. Das kann nur noch ein schöner Abend werden.
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